19. Mai 1780: Der finstere Tag

Am 19. Mai 1780 erlebten die Bewohner von Neuengland und dem Osten Kanadas in Nordamerika ein unheimliches Phänomen: Der Himmel verdunkelte sich am helllichten Tag und tauchte die Landschaft in eine düstere Nacht. Was war die Ursache für dieses mysteriöse Ereignis, das viele Menschen in Angst und Schrecken versetzte?

Ein Augenzeuge aus Massachusetts beschrieb dieses Ereignis wie folgt: »Am Morgen ging die Sonne klar auf, bald aber bezog sich der Himmel. Die Wolken sanken immer tiefer, und während sie dunkler und bedrohlicher wurden, zuckten Blitze, der Donner rollte und etwas Regen fiel. Gegen neun Uhr lichtete sich die Wolkendecke und nahm ein messing- oder kupferfarbenes Aussehen an, sodass Erde, Felsen, Bäume, Gebäude, das Wasser und die Menschen in diesem seltsamen, unheimlichen Licht ganz verändert erschienen. Wenige Minuten später breitete sich eine schwere, schwarze Wolke über den ganzen Himmel aus, mit Ausnahme eines schmalen Streifens am Horizont, und es war so dunkel, wie es gewöhnlich im Sommer um neun Uhr abends ist.

Angst, Entsetzen und heilige Scheu bemächtigten sich der Menschen. Frauen standen vor den Türen und schauten in die dunkle Landschaft, Männer kehrten von ihrer Feldarbeit zurück, der Zimmermann verließ sein Werkzeug, der Schmied seine Werkstatt, der Kaufmann seinen Laden. Die Schulen wurden geschlossen und zitternde Kinder rannten heim. Reisende suchten Unterkunft in den nächsten Bauernhäusern. ›Was soll das werden?‹, fragten bebende Lippen und Herzen. Es schien, als ob ein großer Sturm über das Land hereinbrechen wollte oder als ob das Ende aller Dinge gekommen sei.

Kerzen wurden angezündet, und das Feuer im offenen Kamin brannte so hell wie an einem Herbstabend ohne Mondlicht. … Die Hühner erklommen ihre Ruhestangen und schliefen ein, das Vieh ging an die Wiesenpforten und brüllte, Frösche quakten, Vögel sangen ihr Abendlied und Fledermäuse flogen herum. Aber die Menschen wussten, dass die Nacht nicht hereingebrochen war. …

Dr. Nathanael Whittaker, Geistlicher in Salem, hielt einen Gottesdienst im Versammlungssaal und behauptete in seiner Predigt, dass die Dunkelheit übernatürlich sei. An vielen anderen Orten wurden Versammlungen durchgeführt, und die Bibeltexte für die unvorbereiteten Predigten waren unvermeidlich solche, die andeuteten, dass die Finsternis in Übereinstimmung mit der biblischen Weissagung stand. … Kurz nach elf Uhr war die Dunkelheit am stärksten.«

The Essex Antiquarian (Salem, MA), April 1899, III, Nr. 4, 54-54, zitiert in Ellen G. White, Vom Schatten zum Licht (Wien: TOP LIFE Wegweiser-Verlag), 281

Jesus hatte gesagt: »Aber zu jener Zeit, nach dieser Bedrängnis, wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren.« (Markus 13,24) Bezogen auf die Bedrängnis in Offenbarung 11,2.3; 12,6; 13,5, die 1.260 Tage bzw. 42 Monate, endeten diese im Jahr 1798.

Ellen White zitiert weiter:

»An den meisten Orten war die Finsternis so dicht, dass man weder nach der Uhr sehen noch die häuslichen Arbeiten ohne Kerzenlicht ausführen konnte. … Das Ausmaß der Finsternis war außergewöhnlich. Nach Osten erstreckte sie sich bis Falmouth, nach Westen erreichte sie den äußersten Teil von Connecticut und Albany, nach Süden hin wurde sie an der ganzen Küste entlang beobachtet, und nach Norden reichte sie, so weit sich die amerikanischen Niederlassungen ausdehnten.”

William Gordon, History of the Rise, Progress, and Establishment of the Independence of the USA, III, 57

Ellen White berichtet weiter:

Eine oder zwei Stunden vor Sonnenuntergang folgte auf die starke Dunkelheit ein teilweise klarer Himmel, die Sonne kam hervor, doch war ihr Schein von einem schwarzen, schweren Schleier getrübt. »Nach Sonnenuntergang kamen die Wolken zurück und es wurde schnell sehr dunkel. … Die Dunkelheit der Nacht war ebenso ungewöhnlich und erschreckend wie die des Tages, denn obgleich es fast Vollmond war, ließ sich doch kein Gegenstand ohne künstliches Licht unterscheiden, und dieses sah von den Nachbarhäusern und andern Orten aus, als ob es durch eine ägyptische Finsternis schien, die für die Strahlen nahezu undurchdringlich war.« (Isaiah Thomas, Massachusetts Spy of American Oracle of Liberty, X, N. 472, 25. Mai 1780) Ein Augenzeuge dieses Ereignisses sagte: »Ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren, dass, wenn alle leuchtenden Himmelskörper in solch undurchdringliche Finsternis gehüllt oder gänzlich verschwunden wären, die Finsternis nicht vollständiger hätte sein können.” (Brief von Dr. Samuel Tenney aus Exeter, New Hampshire, Dez 1785, 1792, 1. Serie, I, 97) Obgleich um neun Uhr abends der Mond voll aufging, »vermochte er nicht im Geringsten den todesähnlichen Schatten zu zerteilen.« Nach Mitternacht verschwand die Finsternis, und als der Mond sichtbar wurde, sah er aus wie Blut.

Der 19. Mai 1780 ging als »der finstere Tag” in die Geschichte ein. Seit der Zeit Moses wurde nie mehr von einer Finsternis gleicher Dichte, gleichen Ausmaßes und gleicher Dauer berichtet. Was hier von Augenzeugen geschildert wurde, ist wie eine Wiederholung der Worte, die der Herr durch den Propheten Joel 2500 Jahre zuvor ausgesprochen hatte: »Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des Herrn kommt.« (Joel 3,4)

Ellen G. White, Vom Schatten zum Licht (Wien: TOP LIFE Wegweiser-Verlag), 281-282

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